Donnerstag, 8. Dezember 2016

Zeitreise in öffentlichen Verkehrsmitteln

Ein- bis zweimal in der Woche benutze ich die U-Bahn. Ansonsten fahre ich meistens mit dem Auto und bin in meiner eigenen kleinen "Filterbubble" unterwegs. Ich bewege mich entweder in Stille oder in Begleitung selbst erwählter Musik von einem Ort zum anderen.
In der U-Bahn bin ich also außerhalb der Bubble und kriege ungefragt das Leben der Anderen mit. Das ist manchmal nervig und manchmal erheiternd.
Auf meiner gestrigen Fahrt saßen neben mir 3 Mädchen im Alter von ungefähr 17 Jahren und unterhielten sich über das Thema "Tanzschule".
Zum Ersten bin ich immer wieder verwundert, wie unbekümmert viele Menschen ihre privatesten Erlebnisse und Meinungen neben den Ohren so vieler fremder Menschen äußern können.
Zum Zweiten war ich echt überrascht, dass es tatsächlich noch junge Menschen gibt, die eine Tanzschule besuchen und dort das rituelle "zum Tanz auffordern" und "Promenade gehen" unerschüttert absolvieren.
"Promenade gehen" - zur Erklärung: im Zeitraum zwischen den Tänzen schlendern die Tanzpaare durch den Raum und üben sich in Konversation.
Wichtiger als die gelernten Tänze waren aber natürlich  die da,zu zu tragende Kleidung, das ägegenseitige Kennenlernen und der Umgang mit widriger Konkurrenz.
Über abfällige Bemerkungen über Aussehen und Kleidung der Tanzpartner, über Kritik an deren wiederholter Bevorzugung längmähniger, blonder Mädchen in Miniröcken bei den Tanzaufforderungen und über Bedenken wer mit wem aller SMS austauscht, möchte ich lieber diskret schweigen.
Ich find`s ja eh nett, dass sich in den letzten 30 Jahren nicht so viel geändert hat, überrascht hat es mich doch.
Auch, als ich den Ausspruch : "Bei Euch da drüben, über der Donau kenn` ich mich nicht so aus, ist das überhaupt noch Wien?" bei einer anderen Gesprächsrunde aufschnappte, erinnerte ich mich daran, dass ich mich über diesen schon vor 30 Jahren geärgert hatte, als ich aus dem lauten Favoriten in die grüne Donaustadt zog.
Ich meine, wenn man nicht einmal in der eigenen Stadt die Offenheit und Neugierde hat, in einen anderen Bezirk zu ziehen, ohne gleich Kulturschock und eine andere Straßenverkehrsordnung zu befürchten, ist es mit "Weltstädtertum" ja nicht sehr weit, oder?
Wie gesagt, auch in 30 Jahren hat sich anscheinend das Mißtrauen über die, die "über der Donau wohnen" nicht geändert.
Und so gestaltete sich diese Reise mit der U-Bahn immer mehr zum "Zug der Er,,kenntnis- nämlich der Erkenntnis, dass ich anscheinend alt werde.
Denn die nächsten Bedenken, die ich hatte, waren dem jungen Mädchen gewidmet, das mir in der Bahn gegenüber saß und deren nackte Knie aus der wirklich schicken, bestimmt teuren, durchlöcherten Jeans hervorguckten. Ich konnte nur daran denken, wie sehr sie wohl in ihren 60igern an Gelenksschmerzen leiden wird - genau so, wie meine Omi immer zeterte, wenn mein Kreuz nicht durch Unterleiberl ( in die Hose gesteckt!) und Pullover bedeckt war.
Echt unangenehm, wenn einem durch`s U-Bahn-Fahren klar wird, dass man keine zwanzig mehr ist....

In nächster Zeit fahr ich wieder mit meinem Auto, blende die Außenwelt aus, lege die CD mit ganz modernen, autotuned Coverversions von 80erJahreSongs ein und fühle mich jung, weil ich die alle kenne!


Eine letzte Episode möchte ich noch erzählen, weil sie so nett war:
Eine Frau telefonierte in der U-Bahn mit ihrer Freundin und sagte:" Ja, hallo Du, ich sitz grad in der U-Bahn! Ah, Du auch?"
.....
"Ich bin in der U2!"
....
"Echt?? Du auch ?? In welcher Station ??"
....
Lachte, sprang auf, rannte in der Station zur Tür - und winkte begeistert ihrer Freundin zu, die ihrerseits aus der U-Bahn am Gegenübergleis zurückwinkte.

Samstag, 22. Oktober 2016

Klassentreffen

Vor einiger Zeit hatte ich ja ein -zigstes Klassentreffen - und es dauert bei mir immer einige Zeit, bis ich darüber schreiben mag oder kann.
Merkwürdigerweise hat mich dieses Jubiläumstreffen sehr aufgewühlt und nachdenklich gemacht - denn die lange Zeit, die seit unserer Schulzeit vergangen ist, steht einem buchstäblich vor Augen und man sieht plötzlich, wo man steht - so lebenswegmäßig....
Es war bedrückend zu sehen, wie bei einigen anscheinend Träume zerplatzt, Lebensgemeinschaften zerbrochen und strotzende Gesundheit flöten gegangen sind.
Es war aber auch erheiternd zu sehen, wie sich Frauen mit einigem Plissee im Gesicht und mutig ungefärbten grauen Haarsträhnen plötzlich in kudernde 14-jährige Gören zurückverwandelten.
Beeindruckend fand ich die Tatsache, dass alle Frauen dieser Klasse einen Beruf ausüben und nur der Kinder wegen einige Jahre unterbrochen hatten (manche kürzer, manche länger) - keine einzige möchte oder mochte ein Leben als Nur-Hausfrau zubringen. Besonders, weil sie es schade fänden, Ihre Ausbildung nicht zu nutzen.
Viele alte Geschichten aus der damaligen Schulzeit wurden ausgegraben. Manches steht einem plastisch vor Augen, manches hat man völlig verdrängt.
Ich stritt zum Beispiel hartnäckig ab, auf der seinerzeitigen Mataurafeier dabeigewesen zu sein.....bis man mir ein Foto von dieser Feier unter die Nase hielt, auf dem ich in ziemlich "fröhlichem" Zustand mit weitaufgerissenem Mund anscheinend ein Lied geschmettert habe....

Für mich war vor allem berührend schön zu sehen, dass man einiges aus seiner Jugend nicht vergisst:
Ich hatte einen Lautsprecher und einige Karaoke-Videos mitgenommen, die wir aber aus technischen Gründen nur akustisch (ohne Bild und Text) abspielen konnten und als wir zusammen Hey Jude, the House of the rising sun, Father and son, .... sangen und alle die vollständigen Texte noch auswendig konnten, da ging mir das Herz auf....!

Die herrlichste Geschichte erzählte mir E., die gleich nach der Matura im Affentempo ihr Medizinstudium absolvierte, einen Arzt heiratete, 4 Kinder bekam und ihre eigene Praxis hat:
E. trug ein rosa Kostüm und Perlen und erzählte von ihrer konservativen, erzkatholischen Familie und Lebenseinstellung und erwähnte danach den nicht gar so beliebten Schwiegersohn.
Auf unsere Frage, was denn gegen ihn spräche, meinte sie mit schwerem Seufzer: " Er ist halt Künstler....!"
Und auf meine belustigte Frage nannte sie einen durchaus bekannten, anerkannten, erfolgreichen Musiker......
(dessen Name ich hier nicht erwähne, denn ich mag seine Schwiegermutter ja nicht vernadern...)


Mittwoch, 21. September 2016

Kleine Reise nach Italien - das einfache Leben

Nach der ersten Nacht - etwas ungewohnt wegen der Geräusche aus umliegenden Zimmern und von benachbarten Balkonen - wir sind so enges Zusammenwohnen nicht mehr so gewohnt - wanderten wir zum Strand und stellten erfreut fest, dass wir unseren Platz in der ersten Reihe fußfrei mit unverstelltem Blick aufs Meer hatten!
Rechts von uns eine junge italienische Mutter und ihre drei kleinen wunderschönen Kinder - links von uns döste eine ältere Dame.
Die Dame döste nicht länger:
Schirm aufspannen, Betten und Liegestuhl in die richtige Position rücken, Badetücher ausbreiten (nein, der Beatman will kein Badetuch!), das Wetter, das Frühstück, die Aussicht fabelhaft finden, die Sonnencreme, Sonnenbrille und das Buch herauskramen (nein, der Beatman will keine Sonnencreme!) - der Beatman geht jetzt sofort ins Wasser ! Mit der Luftmatratze !
Die ältere Dame und ich sahen ihm nach, wie er beschwingt mit seiner Luftmatratze über den Strand tänzelte.
Sie: mit gerunzelter Stirn.
Ich: gerührt schmunzelnd. Er ist doch nur ein hochaufgeschossener 5-jähriger mit Brustbehaarung....

Es wurde ruhig in der ersten Reihe. Die italienischen Kinder unterhielten sich leise, der Kleinste grub mit seinem Schäufelchen im Sand, der Größere las ein Buch (!), das Mädchen ließ sich von der Mama eincremen und den Zopf binden.
Um es kurz zu machen:
die italienischen Kinder waren natürlich nicht immer nur beschaulich still und brav, es gab auch mal Krach, Streit und Tränen. Aber die Mama ließ das nicht einfach so geschehen, sondern sie griff ein, ermahnte sie, beschäftigte sich mit ihnen, spielte mit ihnen, ließ sie aber auch mal längere Zeit sich selbst überlassen und las in seitenlangen Skripten - und auch die größeren beiden Kinder lasen oft eine Stunde lang ( obwohl sie noch nicht gut lesen konnten, was ich beim laut vorlesen für den kleineren Bruder feststellen konnte). Es war jedenfalls erstaunlich zu sehen, wie angenehm und ohne sich zu stören, man in so enger Nachbarschaft mit kleinen, lebhaften Kindern die Tage verbringen kann....
Und auch bei uns legte sich die aufgekratzte Aufregung nach dem ersten Tag - die Dame neben uns hatte keinen Grund zur Klage: wir kamen bald ins Gespräch: sie war eine geborene Kärntnerin, die aber nun schon lange in Deutschland lebt. Sie erkannte uns schnell als Wiener und war anfangs etwas zurückhaltend.
Als ihre Tochter und der Enkelsohn aber nachmittags dazukamen, und wir rasch unsere Meinung über die nicht so schöne Seite des "goldenen Wienerherzens" klarmachten und eine spöttische Darbietung über den groben Wiener Dialekt vorspielten, waren wir schnell ein Herz und eine Seele und auch von den umliegenden Strandliegen kam kichernder Applaus.
Und so vergingen gemütliche Tage: man verbrachte ruhige Stunden am Strand, man döste, man las, man ging ins lauwarme, funkelnde, schunkelnde Meer schwimmen, man lag stundenlang schweigend da und blickte zufrieden lächelnd aufs Meer, man antwortete den Strandhändlern hundertmal :"No, grazie,no!" und abends ging man sich duschen, zog sich das am Vortag erstandene, umwerfend schicke Teil an und bummelte in die Stadt, um neue unwiderstehliche Schuhe, Tops, Jeans, Gürtel oder Taschen zu finden und zu kaufen.
Ohne es zu merken lief man da an einem Abend leicht 3-4 km! Also nicht ganz ohne es zu merken, aber man merkte es erst spätabends beim müde zurückschleichen, auf den letzten Metern, die nicht enden wollten....
Zur Stärkung kehrte man natürlich erst irgendwo zum Abendessen, später dann auf ein kleines Eis und am Rückweg auf ein, zwei Aperol ein...
Und dann saß man wieder da, plauderte, sah den vorbeischlendernden Menschen zu, und immer wieder ergab sich ein Gespräch mit nebensitzenden fremden Leuten einfach so, belanglos...
Spätabends fiel man dann ins Bett, TV-Programm uninteressant - nur der Form halber kurz aufgedreht...
Im Bett nur das typische italienische Bettlaken zum zudecken - eigentlich genial - wozu brauch ich hier eine "Sommersteppdecke" ? Bin ab sofort auf der Suche nach ganz normalen Leintüchern. Gibt's die überhaupt noch - oder nur mehr einheitsmäßige "Spannbettlaken"?

P.S. zu meiner Ehrenrettung: meine Strandnachbarin hat sich 7 (!) Handtaschen gekauft ! Ich: nur eine !


Dienstag, 20. September 2016

Kleine Reise nach Italien - die Ankunft

Schon länger war uns klar, dass wir unbedingt wieder ans Meer und überhaupt mal hier wieder raus müssen.
So schlapp wir auch während unserer Krankheit waren: schniefend, hustend, in Decken gewickelt lagen wir nebeneinander auf der Couch und klickten uns durch -zig Strandhotels.
Ich plädierte für Grado - er war für Lignano - wir einigten uns friedfertig auf Caorle, weil wir dort beide noch nicht waren, beziehungsweise in so früher Kindheit waren, dass wir uns beide nicht mehr daran erinnern konnten.
Bei der Hotelauswahl galten folgende Prioritäten:
Strandnähe, aber nicht direkt am Strand - nur kein Lärm !
Zentrumsnähe, aber nicht zu nahe - nur kein Lärm !
Klimaanlage und Meeresblick - auf jeden Fall !
Nach dieser einfachen Checkliste war ein geeignetes Hotel bald gefunden und ein kurzes, freundliches Telefonat später war klar: DORT fahren wir hin!
Bis zu unserer Abreise blieben noch 2 Wochen Zeit, um gesund zu werden und alles vorzubereiten.
Ich war zwar noch etwas angeschlagen, aber der Beatman war schon wieder ziemlich fit, als wir endlich Sonntag früh (8h) das vollbepackte Auto bestiegen und Richtung Italien losfuhren.
Diesmal ohne Schlagzeug, dafür mit Gitarre.
Wir fuhren mit Stanley´s Wagen : einem alten, eleganten, geräumigen Jaguar, der nur einen kleinen Fehler hat: er ist eine empfindliche Diva mit Hang zu überraschenden Funktionsstörungen.
Die erste servierte er uns gleich, als wir knapp nach Wiener Neustadt waren:
Hochgestimmt hatte der Beatman das Schiebedach geöffnet ,wir ließen uns den Fahrtwind durchs Haar wehen und sangen lauthals "Cosi piccola - e fragile" mit - bis uns allerdings die Sonne zu stark auf den Kopf brannte und wir das Schiebedach wieder schließen wollten.
Aber, erraten: es ließ sich nicht mehr schließen, so oft wir den Knopf auch drückten. Wir fuhren also auf einen Rastplatz, räumten den halben Kofferraum aus, um zum Werkzeug zu gelangen und fummelten ergebnislos eine Weile an dem widerstrebenden Teil herum, riefen dann beim ÖAMTC an, der gelbe Engel parkte sich kaum fünf Minuten später (!) neben uns ein und half uns mit einer Kurbel aus. Er kurbelte, wir ruckelten - und das Schiebedach ließ sich schieben und - schließen !
Erleichtert, aber deutlich gedämpfter setzten wir unsere Reise fort.
Ehrenhalber muß aber eingeräumt werden, dass uns der Wagen bis auf kleinere Mätzchen des Automatikgetriebes keine weiteren  Störungen mehr bot.
Gut, dass die Klimaanlage nicht funktionierte, war uns ja schon vorher bewußt und dass es ab mittags in Italien bei Sonnenschein ziemlich warm wird, war zu erwarten.
Dennoch fühlte ich mich, als ich nachmittags um 4h aus dem brütend heißen Auto plumpste und ins Hotel kroch, wie eine zu lange gekochte Nudel....
Endlich angekommen folgten wir unserer gewohnten Hotelzimmer-Bezugsroutine: ICH breche erstmal auf dem Hotelbett zusammen und bin nach einer Stunde mit Ausräumen, Frischmachen und Heimischfühlen beschäftigt.
ER hüpft flott unter die Dusche, zerrt frische Klamotten aus dem noch halbgeschlossenen Koffer, zieht sich um, erkundet das Hotel und die nähere Umgebung, geht eventuell schwimmen, auf einen Kaffee und einkaufen. (Es gibt immer irgendwas!)
Nach ein, bis zwei Stunden treffen wir wieder zusammen - und jeder hat sich auf seine Weise erholt.
So auch diesmal:
Hocherfreut kam er mit neu erworbener Luftmatratze zurück und berichtete vom freundlichen Geplauder mit Hoteldirektor, Concierge, Strandmeister und Verkäufern.
Freundliche, höfliche, nette Menschen machen aus dem Beatman ein strahlendes, fröhliches, übermütiges Kind - hach, Italien!
Und so zogen wir los und stürzten uns, noch ein bißchen blass, in das typische italienische Badeorte-Abendgewimmel. Überwältigt blieben wir bei fast jedem Geschäft hängen, ließen uns von vielen Verkäufern ihre Schätze zeigen und merkten erst, dass wir wohl stundenlang unterwegs gewesen waren, als wir endlich in einer Pizzeria stöhnend auf die Stühle sanken.
Die hauchdünne, knusprige, duftende Pizza stand nach höchstens zehn Minuten vor uns und wir nickten uns mit vollem Mund höchst zufrieden zu und waren uns einig: Wir habens gut getroffen!



Montag, 22. August 2016

Auch eine Sommergrippe kann eine Lektion sein

Man könnte das Ganze jetzt auf den einen sattsam bekannten Satz herunterbrechen: das Wichtigste ist die Gesundheit - ich möchte aber doch ins Detail gehen:
Ich wähnte mich in immerwährender guter Sommerlaune, fit, voller Pläne - aber nicht zu viel, alles zu schaffen, wohlausgewogen, alle Termine im Griff.
Der Beatman voll eingesetzt in Probenarbeit für ein Sommertheater, dann Premiere und laufend 4-5 Vorstellungen pro Woche - etwas ausserhalb von Wien.
Es ist also so, dass wir uns abends relativ selten sehen und auch unsere Tagesabläufe zeitlich sehr unterschiedlich sind - denn wenn man erst um Mitternacht voll Adrenalin heimkommt, kann man nicht vor 3h früh schlafen, dementsprechend hinkt auch der Tageszeitplan um einiges hinten nach.
Bei meinem Tageszeitplan bleibt hingegen alles beim Alten und so gibt es einige Situationen, bei denen beide äußerst rücksichtsvoll miteinander umgehen müssen.
Aber da wir wissen, dass das nur auf beschränkte Zeit so sein wird, schaffen wir das ganz gut und freuen uns auf die Zeit danach:
1. Wir werden erst mal gaaar nichts tun und nur gemütlich zu Hause chillen.
2. Dann werden wir unseren Garten gemeinsam auf Vordermann bringen.
3. Zwei geplante Renovierungen werden umgesetzt: neuer Zaun, neue Markise.
4. Wir werden Konzerte besuchen, schön essen gehen, durch die Stadt schlendern.
5. Und dann werden wir ein paar Tage nach Italien fahren.

So war zumindest der Plan......

Bis kurz vor Ende der Vorstellungen lief auch alles gut. Anstrengend, aber gut.
Aber knapp vor den letzten beiden Vorstellungen kam´s dann aus heiterem Himmel: der Beatman fing an, fürchterlich zu husten und hörte fürs Erste auch nicht mehr damit auf.
Er lag schwach auf dem Sofa, hustete, nieste, schneuzte sich durch eine Hundertschaft von Taschentüchern und war zu schwindlig, um längere Zeit aufrecht stehen zu bleiben.
Ich hatte als Krankenschwester, Köchin und Klagemauer gut zu tun.
Abends half das alles nicht - er machte sich bereit, wurde von mir zur Theatervorstellung gefahren (selbst Auto zu fahren, ganz unmöglich) - und brachte die letzten beiden Vorstellungen mit Fieber und unter starken Medikamenten über die Bühne.
Danach konnte er sich endlich ganz der Krankheit hingeben.
Mir blieb nicht viel Zeit, ihn gebührend zu bemitleiden, denn nur ein paar Tage später hatte ich mich bei ihm angesteckt und lag ebenfalls schniefend und röchelnd auf dem Sofa.
Und obwohl es ja wirklich schlimmere Krankheiten gibt, bringt so eine Grippe das halbe Leben durcheinander:
Man ist zu schwach, etwas zu tun, einzukaufen, zu kochen, Wäsche zu waschen, zu bügeln, ja sogar das Essen schmeckt nicht. Beim Lesen verschwimmen die Buchstaben vor den Augen, beim Fernsehen wird einem schwummerig und Musik hören macht Kopfweh.
Man bekommt keine Luft durch die Nase, bei geöffnetem Mund ist der Hals nach kurzer Zeit ausgetrocknet und tut sowieso beim Schlucken weh.
Schlafen ist auch nicht schön, denn da hat man Albträume von gummiartigen endlosen Wiederholungsszenarien - ich habe zB eine Nacht lang vom Beeren pflücken und sortieren geträumt und bei jeder Beere, die in den Becher fiel, ertönte ein Glockenspiel......
Auf diese Weise versanken fast drei Wochen in einem Nebel und keiner von unseren schönen Plänen wurde Wirklichkeit - im Gegenteil, wir fühlten uns nur hundselendig und der einzige schöne Moment war der, wenn die Nasentropfen wirkten und man für eine Stunde Luft bekam.
Es ist also nicht viel nötig, sich absolut unwohl und machtlos zu fühlen - ein paar lausige Grippeviren hauen Dich tagelang in die Kissen!
Wie schlimm muß es erst Menschen gehen, die eine wirklich schlimme, möglicherweise schmerzhafte Krankheit haben und wissen, dass die NICHT nach ein paar Wochen wieder weggeht....?
Wie dankbar man ist, wenn man die erste Nacht wieder ruhig durchschläft und ein paar Stunden nicht husten muß......
Wieso hab ich das vorher eigentlich für selbstverständlich erachtet?