Montag, 22. August 2016

Auch eine Sommergrippe kann eine Lektion sein

Man könnte das Ganze jetzt auf den einen sattsam bekannten Satz herunterbrechen: das Wichtigste ist die Gesundheit - ich möchte aber doch ins Detail gehen:
Ich wähnte mich in immerwährender guter Sommerlaune, fit, voller Pläne - aber nicht zu viel, alles zu schaffen, wohlausgewogen, alle Termine im Griff.
Der Beatman voll eingesetzt in Probenarbeit für ein Sommertheater, dann Premiere und laufend 4-5 Vorstellungen pro Woche - etwas ausserhalb von Wien.
Es ist also so, dass wir uns abends relativ selten sehen und auch unsere Tagesabläufe zeitlich sehr unterschiedlich sind - denn wenn man erst um Mitternacht voll Adrenalin heimkommt, kann man nicht vor 3h früh schlafen, dementsprechend hinkt auch der Tageszeitplan um einiges hinten nach.
Bei meinem Tageszeitplan bleibt hingegen alles beim Alten und so gibt es einige Situationen, bei denen beide äußerst rücksichtsvoll miteinander umgehen müssen.
Aber da wir wissen, dass das nur auf beschränkte Zeit so sein wird, schaffen wir das ganz gut und freuen uns auf die Zeit danach:
1. Wir werden erst mal gaaar nichts tun und nur gemütlich zu Hause chillen.
2. Dann werden wir unseren Garten gemeinsam auf Vordermann bringen.
3. Zwei geplante Renovierungen werden umgesetzt: neuer Zaun, neue Markise.
4. Wir werden Konzerte besuchen, schön essen gehen, durch die Stadt schlendern.
5. Und dann werden wir ein paar Tage nach Italien fahren.

So war zumindest der Plan......

Bis kurz vor Ende der Vorstellungen lief auch alles gut. Anstrengend, aber gut.
Aber knapp vor den letzten beiden Vorstellungen kam´s dann aus heiterem Himmel: der Beatman fing an, fürchterlich zu husten und hörte fürs Erste auch nicht mehr damit auf.
Er lag schwach auf dem Sofa, hustete, nieste, schneuzte sich durch eine Hundertschaft von Taschentüchern und war zu schwindlig, um längere Zeit aufrecht stehen zu bleiben.
Ich hatte als Krankenschwester, Köchin und Klagemauer gut zu tun.
Abends half das alles nicht - er machte sich bereit, wurde von mir zur Theatervorstellung gefahren (selbst Auto zu fahren, ganz unmöglich) - und brachte die letzten beiden Vorstellungen mit Fieber und unter starken Medikamenten über die Bühne.
Danach konnte er sich endlich ganz der Krankheit hingeben.
Mir blieb nicht viel Zeit, ihn gebührend zu bemitleiden, denn nur ein paar Tage später hatte ich mich bei ihm angesteckt und lag ebenfalls schniefend und röchelnd auf dem Sofa.
Und obwohl es ja wirklich schlimmere Krankheiten gibt, bringt so eine Grippe das halbe Leben durcheinander:
Man ist zu schwach, etwas zu tun, einzukaufen, zu kochen, Wäsche zu waschen, zu bügeln, ja sogar das Essen schmeckt nicht. Beim Lesen verschwimmen die Buchstaben vor den Augen, beim Fernsehen wird einem schwummerig und Musik hören macht Kopfweh.
Man bekommt keine Luft durch die Nase, bei geöffnetem Mund ist der Hals nach kurzer Zeit ausgetrocknet und tut sowieso beim Schlucken weh.
Schlafen ist auch nicht schön, denn da hat man Albträume von gummiartigen endlosen Wiederholungsszenarien - ich habe zB eine Nacht lang vom Beeren pflücken und sortieren geträumt und bei jeder Beere, die in den Becher fiel, ertönte ein Glockenspiel......
Auf diese Weise versanken fast drei Wochen in einem Nebel und keiner von unseren schönen Plänen wurde Wirklichkeit - im Gegenteil, wir fühlten uns nur hundselendig und der einzige schöne Moment war der, wenn die Nasentropfen wirkten und man für eine Stunde Luft bekam.
Es ist also nicht viel nötig, sich absolut unwohl und machtlos zu fühlen - ein paar lausige Grippeviren hauen Dich tagelang in die Kissen!
Wie schlimm muß es erst Menschen gehen, die eine wirklich schlimme, möglicherweise schmerzhafte Krankheit haben und wissen, dass die NICHT nach ein paar Wochen wieder weggeht....?
Wie dankbar man ist, wenn man die erste Nacht wieder ruhig durchschläft und ein paar Stunden nicht husten muß......
Wieso hab ich das vorher eigentlich für selbstverständlich erachtet?